Yehudi Menuhin und das Gstaad Menuhin Festival
Gelebte Affinität zum Saanenland
Als weltbekannter «Wundergeiger», Dirigent und Humanist bleibt Yehudi Menuhin in Erinnerung. Seine ausgeprägte Menschlichkeit, seine vielseitigen künstlerischen Begabungen und seine immerwährende Neugier prägten sein Schaffen. 1957 gründete der spätere Ehrenbürger von Saanen das mittlerweile legendäre Festival im Saanenland. Hier, in der inspirierenden und Kraft spendenden Ruhe der lieblichen Bergwelt des Berner Oberlandes, fand er das ideale Umfeld für das Musizieren unter Freunden und die Förderung junger Talente. Auch über zwanzig Jahre nach Menuhins Tod sind seine Überzeugungen und Ziele die Leitlinien von Gstaad Menuhin Festival & Academy.
Yehudi Menuhin: Stationen eines ganzheitlichen Lebens
1916
Am 22. April als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in New York geboren.
1921
Violinunterricht in San Francisco (Antrieb: «Wann kann ich Vibrato spielen?»).
1924
Am 29. Februar der erste Auftritt als Schüler von Louis Persinger, erster Konzertmeister vom Sinfonie Orchester in San Francisco.
1927
Begegnung mit Georges Enescu. Erstes Konzert in Paris mit dem «Orchestre Lamoureux».
1929
Am 12. April spielt Yehudi Menuhin sein legendäres Berliner Konzert unter Bruno Walter. Mit den drei Solo-Konzerten von Bach, Beethoven und Brahms begründet er den weltweiten Ruhm als Wunderkind
1935
Welt-Tournee mit 110 Konzerten führt zur künstlerischen Krise.
1938-45
Im zweiten Weltkrieg spielt er über 500 Konzerte für die Alliierten Truppen. Yehudi Menuhin wird zum Friedenssymbol.
1957
Erstes Musizieren im Saanenland, das «Menuhin Festival» entsteht. Als künstlerischer Leiter engagiert er sich gleichzeitig am Bath-Festival.
1959
Wachsende Begeisterung für die Arbeit als Dirigent.
1963
Gründung einer Musikschule für Kinder im britischen Stoke d’Abernon.
1969
Wahl zum Präsidenten des Internationalen Musikrats der UNESCO.
1970
Ernennung zum Ehrenbürger der Gemeinde Saanen.
1977
Gründung der Internationalen Menuhin-Musik-Akademie IMMA – Camerata Lysy wechselt von Holland nach Gstaad.
1979
Yehudi Menuhin erhält den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
1993
Die britische Königin ernennt ihn zum «Baronet of Stoke d’Abernon»: Sir Yehudi Menuhin wird zu Lord Menuhin.
1999
Am 12. März stirbt der Künstler und Humanist in Berlin an Herzversagen.
Ein ausgefülltes künstlerleben
Russischer Kosmopolit
1916 als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in New York geboren, wächst Yehudi Menuhin in San Francisco auf. Von seinen strengen Eltern zum Üben und Lernen erzogen, gilt er schon damals als musikalisches Wunderkind. Zeitlebens ist Yehudi Menuhin Nomade und Kosmopolit und erkundet als Humanist, Philosoph und Musiker die ganze Welt.
«Wann kann ich Vibrato spielen?»
Schon 1922 durfte der ehrgeizige, unermüdlich übende Knabe Yehudi erstmals bei Schülerkonzerten auftreten, setzte durch, den ersehnten Unterricht 1923 bei Louis Persinger, dem 1. Konzertmeister des San Francisco Symphony Orchestra, fortzusetzen.
Am 29. Februar 1924 beeindruckte der blonde, rundliche Knabe in einem Konzert des Symphony Orchestra, durfte ein Jahr später als Solist im Scottish Rite Auditorium in San Francisco und im Januar 1926 im New Yorker Manhattan Opera House auftreten, bevor im März das erfolgreiche Debüt mit dem San Francisco Orchestra unter Louis Persinger mit Violin-Konzerten von Lalo und Tschaikowski folgte.
Es kam aber nicht zum Studium beim berühmten belgischen «Meister des grandiosen Stils» Eugène Ysaye in Brüssel. Nach grossartigem Pariser Debüt erkämpfte sich der 10-jährige Yehudi den seit früher Kindheit gewünschten Unterricht beim rumänischen Meister George Enescu, der für den jungen Geiger zum väterlichen Mentor wurde und die Familie Menuhin nach Sinaia ins Haus der rumänischen Fürstenfamilie Cantacuzène einlud, wo Yehudi erstmals die Folklore und lebensfrohe Welt der Zigeunergeiger erlebte.
Erste grosse Auftritte im Schicksalsjahr 1927
Im November gelang der 1. Auftritt in der New Yorker Carnegie Hall im Beethoven-Violinkonzert mit dem New York Symphony Orchestra unter Fritz Busch, dem weitere Konzerte und die erste Plattenaufnahme für Victor folgten. Nach der Herbsttournee 1928 durch die USA erhielt das umworbene Wunderkind vom Gönner Henry Goldman die berühmte «Fürst Khevenhüller»-Stradivari geschenkt, die Yehudi auf seine zweite Europareise nach Paris und in wichtige Musikzentren begleitete.
Legendäres Berliner Konzert am 12. April 1929
Die geniale Interpretation der drei grossen Violinkonzerte von Bach, Beethoven und Brahms mit den Berliner Philharmonikern unter Bruno Walter und die mehrfach beschriebene Begegnung des 13-jährigen Yehudi Menuhin mit dem grossen Physiker und Musiker Albert Einstein sind Musikgeschichte. Spätestens seit diesem Abend geht der Ruhm des genialen Wunderkindes um die Welt. Menuhins Lehrer Enescu überzeugte die Familie, als «Lehrer der Deutschen Violinschule» Adolf Busch auszuwählen.
Studium bei Adolf Busch in Basel
Im Buch «The Menuhin Saga» hat Vater Moshe Menuhin das 18. Kapitel mit «Basel, Busch und viele Reisen (1929–1931)» betitelt und den sehr wertvollen Schweizer Aufenthalt im hübschen Haus an der Gartenstrasse 12 mit vielen Begegnungen und Kontakten beschrieben. Die Winterzeit galt Konzerten wie im November 1929 in der Queen’s Hall London unter Fritz Busch mit dem London Symphony Orchestra, ersten Plattenaufnahmen mit «His Masters Voice» (HMV): Menuhin wird zum begehrtesten Geiger der damaligen Zeit.
Als Star der Menuhin-Karawane unterwegs / Unzählige Auftritte folgten
1931 war ausgefüllt durch intensive Konzerttätigkeit, wobei die Familie in der Nähe von Paris in Ville-d’Avray wohnte. Viel Beachtung fanden Plattenaufnahmen des Violinkonzerts Nr. 1 von Bruch mit den Londoner Symphonikern unter Landon Ronald und 1932 unter Edward Elgar dessen berühmtes Violinkonzert - heute noch ein Musikdokument – und in Paris Aufnahmen mit Menuhins Lehrer George Enescu und dem bekannten Orchestre Lamoureux (Doppelkonzert von Bach). Yehudi Menuhin galt als bestbezahlter Künstler! Der Kosmopolit und Ernährer der grossen «Menuhin-Karawane» lehnte es 1933 ab, nach Machtergreifung von Hitler weiter in Deutschland aufzutreten. Höhepunkte schenkten Duoaufnahmen mit der geliebten Schwester Hephzibah am Klavier, 1934 brillante Interpretationen von Beethovens Violinkonzert unter Arturo Toscanini mit dem New York Philharmonic Orchestra und viel beachtete Rundfunksendungen in den USA. Menuhins Popularität erklomm einmalige Gipfel, der jugendliche Star blieb aber unter dem Einfluss der Eltern und litt immer mehr unter persönlicher Enge.
1935: Erste künstlerische Krise
1935 endete die ermüdende Welttournee nach Australien, Neuseeland, Südafrika und Europa in einer Krise: Beschwerden beim Spiel, Verkrampfungen, wachsende Spannungen im strengen Familienumfeld bremsten den 19-Jährigen und brachten trotz 18-monatigem Urlaub am neuen Familiensitz in Los Gatos in Kalifornien, trotz einiger Erfolge – gelungene Erstaufführung von Schumanns Violinkonzert 1937 – Unruhe und Ärger. Gelingt
dem auch bei Frauen bewunderten Yehudi die Loslösung?
Liebe zu Nola Nicholas und Ausbruch
1938 verliebte sich der charmante, reiche Yehudi Menuhin in die junge Nola Nicholas, was bald zu Schwierigkeiten führte. Die bildhübsche und fröhliche Tochter eines Millionärs, des australischen «Aspirin-Königs», leistete der stürmischen Werbung des weltberühmten Wundergeigers nicht lange Widerstand.
Um ein Toscanini-Konzert in London am 27. Mai besuchen zu können, wünschte Yehudi die Heirat schon am 26. Mai, um die Flitterwochen mit der gemeinsamen Bewunderung des grossen Dirigenten in der Londoner Queenshalle zu starten…
Der glückliche Bräutigam freute sich, dass schon zwei Monate später seine geliebte, nur 18-jährige Schwester Hephzibah in Kalifornien Nolas Bruder Lindsay heiratete – ein baldiges Erwachen in harter Wirklichkeit wartete…
Yehudi Menuhin wird zum Symbol
1939: Kriegsausbruch in Europa – Menuhin wird Vater
Bei Kriegsausbruch weilte das junge Paar in Australien, am 29. September 1939 kam dort Tochter Zamira zur Welt. Nola erfüllte Mutterpflichten im Kreise ihrer grossen Familie, während Yehudi viele Konzerte gab und zusammen mit Schwester Hephzibah, die auf dem fernen Kontinent zur berühmtesten Pianistin geworden war, viele Plattenaufnahmen einspielte. Schon 1940 gebar Nola Sohn Krov. Mit Kriegseintritt der USA 1941 endete für den Amerikaner Yehudi die Idylle in Australien. Zuerst zurückgestellt, begann er aber bald eine gewaltige Konzertserie (gegen 500 Auftritte) für Soldaten aller alliierten Truppen, wagte 1941 eine Tournee in Lateinamerika und besuchte während der «Kriegskonzerte» 1943 auf abenteuerliche Weise England, spielte im März 1944 für Truppen auf den Aleuten und schon im Juni für Verbände der Pazifiktruppen in Hawaii.
Menuhin als Friedenssymbol – Bruch der Ehe mit Nola
Es war nicht verwunderlich, dass sich der unermüdliche Geiger, Humanist, Friedensverkünder und Hoffnungsträger bei seinen seltenen Aufenthalten zu Hause entfremdete. Obschon er immer wieder versuchte, seine Ehe mit Nola zu retten und den beiden Kindern ein guter Vater zu sein, schlitterte die Ehe in immer tiefere Krisen und musste zerbrechen.
Yehudi Menuhin und Diana Gould
Begegnung im September 1944
Was wäre wohl aus Yehudi Menuhin geworden, wenn er in dieser persönlichen Krise im September 1944 nicht der grazilen, drei Jahre älteren Diana Gould, der Stieftochter des britischen Admirals Sir C. Harcourt, begegnet wäre? Durch seine geliebte Diana fand er neue Kraft: Der «Engel auf seinem Erdenwege» hat ihn als grosszügige, weise Partnerin bis zu seinem Tode in seiner Traumkarriere unterstützt. Doch noch gehörten die beiden nicht zusammen…
Kurz nach der Befreiung spielte der Meister in Antwerpen, Brüssel und Paris (historische Operneröffnung), lernte 1944 in New York Béla Bartók kennen, für ihn der herausragende Komponist des 20. Jahrhunderts – eine Musikerbeziehung, die Geschichte wurde und in Widmung und Uraufführung von Bartóks Sonate für Solovioline in New York gipfelte.
1945: Menuhins Auftritt an der UNO-Gründungs-Versammlung in San Francisco
Im April 1945 spielte Menuhin auf der Konferenz von San Francisco (United Nations Conference) und damit währen der Gründungsversammlung der Vereinten Nationen. Der Weltbürger und Philanthrop versuchte sich als Paganini im Paganini-Film «The Magic Bow» und brillierte im Soundtrack. Im Juli 1945 spielte er zusammen mit Benjamin Britten für die Überlebenden im KZ Bergen-Belsen. Im Hamburger Rundfunk ertönte erstmals das von Yehudi Menuhin neu entdeckte Violinkonzert von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Die erste Moskaureise brachte die Freundschaft mit David Oistrakh, neue Begegnungen, viele Auftritte, eine Platteneinspielung mit Antal Doráti von Bartóks Violinkonzert Nr. 2 und neue Konzerte in den USA. All dies war aber für den einjährigen Versuch, 1946 die Ehe mit Nola zu retten, nicht förderlich. Die Scheidung der ersten Ehe wurde zur Tatsache, worauf Yehudi, nach dem historischen Beethoven-Konzert mit Wilhelm Furtwängler in Berlin, im Oktober 1947 in London endlich seine Diana heiraten konnte.
Glückliche Ehe mit Diana Gould
Diese Verbindung wurde zum Start eines eindrücklichen gemeinsamen Wirkens und Familienlebens zweier eigensinniger, sich wunderbar ergänzender Persönlichkeiten. Die beiden Söhne Gerard (geboren 1948 am Edinburgh Festival) und Jeremy (1951) wurden Hoffnungsträger der neuen Familie, während später der dritte Sohn Alexis 1955 kurz nach der Geburt starb. Musikalische Höhepunkte wie die Uraufführung der Violinsonate von Walton wechselten mit vielschichtigen humanistischen Aktivitäten: Menuhin kritisierte schon 1950 die Apartheid Südafrikas, versuchte als Humanist und Jude trotz Bombenversuchen auf seiner ersten Israelreise zu versöhnen, erlebte im Mai 1951 mit seiner inzwischen auch wieder neu verheirateten Schwester Hephzibah den ersten Auftritt in der Londoner Royal Festival Hall, reiste dann nach Australien und Neuseeland, wo er im Wartesaal eines Chiropraktors erstmals einer Yogaschrift begegnete. Er konzertierte in Japan und startete auch eine Benefiz-Konzertreise zugunsten der Hungerhilfe durch Indien, traf dort Pandit Nehru und den berühmten Sitarspieler Ravi Shankar.
Menuhin wird Weltbürger
Yoga und die Kultur Indiens
1952 lernte Yehudi Menuhin – auf Empfehlung von Pandit Nehru – den 1914 geborenen Yogalehrer B.K.S. Iyengar kennen, der 1954 anlässlich des ersten Gstaader Sommeraufenthalts auch eingeladen wurde, was die Verbundenheit mit der Kultur Indiens und die Begeisterung für Yoga-Übungen festigte. Nachdem der Meister schon 1953 beschlossen hatte, auf Flugreisen zu verzichten, erlebte Menuhin im «Ablösungsjahr» 1954 beim ersten Violinunterrichten in Nadia Boulangers Akademie in Fontainebleau die Genugtuung als Lehrer und entpuppte sich seither als gewinnender Pädagoge.
Die Menuhins ziehen 1955 nach Europa – Gstaad wird zum Lieblingsort
Nach dem Zerwürfnis mit den Eltern wegen der umstrittenen Biografie von Robert Magidoff 1955 entschlossen sich die Menuhins zur Übersiedlung von Kalifornien nach Europa, wohnten abwechselnd in London, gerne einige Wochen im Saanenland, dann nach 1958 auch fast zwei Jahre bei Freunden in der Nähe von Florenz und schliesslich ab 1960 neben London im eigenen Chalet «Chankly Bore», wo ihnen auch der Winter gut gefiel. In der einmaligen Saaner Mauritiuskirche fand Yehudi Menuhin auch auf Anregung seiner Freunde wie Antal Doráti eine wunderbare Konzertstätte, die auf Anregung von Kurdirektor Paul Valentin 1957 zur Quelle des Gstaad Menuhin Festival & Academy wurde.
Menuhin als Erzieher und Festivalleiter
Beginn der musikpädagogischen Arbeit
Angesteckt vom Virus didaktischer Arbeit mit der Jugend und beseelt vom Gedanken, seine Lebenserfahrungen weiterzugeben, erfüllte sich Menuhins Wirken neben intensiver Konzerttätigkeit immer mehr mit Schreiben, Ausbilden und Gestalten seiner Festivals, seit 1957 in Gstaad und von 1959 bis 1968 auch als künstlerischer Leiter im englischen Bath. 1963 gründete er in London, dann in grösseren Räumlichkeiten in Stoke d’Abernon seine Yehudi Menuhin Schule, die heute eine vom Staat unterstützte Eliteschule für jugendliche Streicher*innen und Musiker*innen geworden ist. Unermüdlich liess er sein Festival im Saanenland wachsen, spielte und dirigierte mit Begeisterung nach 1959 immer mehr Orchesterwerke, 1966 die erste Mozart-Oper, begeisterte sich aber auch am Improvisieren mit Ravi Shankar und wagte viele musikalische Öffnungen wie die Auftritte mit dem Jazzgeiger Stéphane Grappelli. Nach dem Ehrenbürgerrecht 1968 in Grenchen, wo er auch Schweizer Bürger wurde, erhielt er am 25. April 1970 die Ehrenbürgerurkunde der Gemeinde Saanen. Er bekam auch unzählige internationale Ehrungen und präsidierte von 1969 bis 1975 den Internationalen Musikrat der Unesco. Eindrücklich sind seine politischen Initiativen: 1971 trat er in Moskau für russische Dissident*innen ein, hielt Reden und verfasste einige Bücher. 1974 führte er mit Edmond de Stoutz und dem Zürcher Kammerorchester erstmals das für ihn von Frank Martin geschriebene «Polyptique» auf, initiierte das «Bermuda-Festival» und beeindruckte in Washington an der 200-Jahr-Feier der Vereinigten Staaten vor Präsident Gerald Ford und Königin Elizabeth II.
Neugierde für das Andere
Sein Interesse für andere Kulturen und Musikrichtungen bewegen ihn beispielsweise, mit dem indischen Sitar-Künstler Ravi Shankar (1971 und 1975) oder dem Jazz-Virtuosen Grappelli in Gstaad am Festival Begegnungen verschiedener Stile zu initiieren und das verbindende Moment in der Musik herauszuarbeiten. Menuhin ist stets auf der Suche nach «heilender Kraft in der Harmonie der Musik». Meditation und Yoga-Übungen sind für ihn wichtige Selbstbehandlungen, dazu braucht er seine Musik.
1977 Krönung mit «Live Music Now» in London und der IMMA in Gstaad
1976 erschien Menuhins viel beachtete Autobiografie «Unvollendete Reise», gleichzeitig wurde durch die Canadian Broadcasting Corporation die Fernsehserie «The Music of Man» gestaltet. Viele Ehrungen würdigten seinen 60. Geburtstag. Die Internationale Menuhin Music Academy kam 1977 mit der Camerata Lysy überraschend aus Holland nach Gstaad und wurde unter seinem Schüler Alberto Lysy zum Juwel der Kulturszene der drei Talschaften Pays-d’Enhaut, Saanenland Obersimmental und des Gstaader Musiklebens. Der Meister war dauernd unterwegs, wagte neue Wettbewerbe für junge Musiker*innen, reiste 1979 nach China, wo er Ehrenprofessor am Pekinger Konservatorium wurde und Student*innen für die IMMA mitbrachte. Trotz finanzieller Schwierigkeiten wuchs das Ansehen seiner Festivals und Schulen. 1982 wurde er Präsident auf Lebenszeit des Royal Philharmonic Orchestra.
Yehudi Menuhins Tod – ein Ende im Zenit der Anerkennung
1985 Britischer Staatsbürger und Ehrung zum Sir Yehudi
In den 80er und 90er Jahren verlagerte sich Menuhins Wirken immer mehr nach London in die Heimatstadt von Diana: Sir Yehudi erhielt 1987 von der britischen Königin den «Order of merit», wurde dann 1993 zum Baron mit dem Titel «The Right Honorable Lord Menuhin of Stoke d’Abernon» ernannt. Unermüdlich blieb der grosse Humanist und Musiker aktiv, dirigierte auf der ganzen Welt und gründet 1992 in Brüssel die International Yehudi Menuhin Foundation, welche den humanistischen Visionen dienen soll. Das Hauptprojekt ist das heute in 12 Ländern für rund 70’000 Kinder aktive künstlerische Bildungsprogramm «MUS-E®», dessen Grundlagen an einer internationalen Konferenz während des Menuhin-Festivals 1993 in Gstaad entstanden sind.
Als musikalischer Leiter wirkte er bis 1996 in Gstaad und wurde als einer der bekanntesten Weltbürger und angesehener Humanist mit vielen Ehrungen überhäuft. Stolz war er auf die erste Zusammenkunft der «Assemblées des Cultures», seines «Kulturparlamentes» als Initiative für den Frieden im Rahmen der Unesco. Ganz überraschend starb er – nur ein Jahr nach seiner 1998 100-jährig verstorbenen Mutter Marutha – am 12. März 1999 in Berlin auf einer Konzerttournee mit seiner Sinfonia Varsovia. Ein gutes, rastloses Herz hat wenige Wochen vor dem 83. Geburtstag aufgehört zu schlagen.
Zitate von Yehudi Menuhin
«Ich fühle mich in Gstaad zu Hause. Ich habe dort ein kleines Musikfestival in der wunderbaren kleinen Kirche in Saanen geschaffen…»
«Eine Lebensweise die das Reich des Unbekannten und Geheimnisvollen aus-schliesst, steht nicht im Einklang mit dem Leben selbst.»
«Jeder Augenblick im Leben ist ein neuer Aufbruch, ein Ende und ein Anfang, ein Zusammenlaufen der Fäden und ein Auseinandergehen.»